Sanierung gegen den Willen der Eigentümer?
Seit 2021 sieht das deutsche Sanierungsrecht für drohend zahlungsunfähige Gesellschaften neben dem Insolvenzverfahren auch ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren vor. Beide Verfahren sind in diesem Krisenstadium gesetzeskonzeptionell freiwillig. Eine Sanierung geht für die Anteilseigner aber regelmäßig mit tiefen Einschnitten in ihre Rechtsstellung einher. Das setzt Anreize zur Sanierungsverschleppung zulasten der Gläubiger.
In diesem Spannungsfeld widmet sich der Autor der ungeklärten Frage, ob und inwieweit den Anteilseignern bei der Verfahrensinitiierung durch den Geschäftsleiter Mitsprache zukommt. Im Zentrum der Untersuchung steht insbesondere die Begrenzung einer sanierungsschädlichen Einflussnahme der Gesellschafter. Der Autor zeigt, dass es des verbreitet propagierten Umschwungs der Geschäftsleitertreuepflicht vom Unternehmensinteresse zu den Gläubigerinteressen nicht bedarf. Er rekurriert zur Rechtfertigung der eigenmächtigen Sanierung durch den Geschäftsleiter auf die dogmatisch gefestigte Sanierungspflicht und entwickelt so ein austariertes System, das Mitsprache der Gesellschaftseigentümer gewährleistet, ohne eine gläubigergefährdende Obstruktion zu legitimieren.
Die Arbeit wurde 2024 mit dem Fakultätspreis ausgezeichnet.
Zielgruppe
Für Rechtswissenschaftler und Rechtswissenschaftlerinnen sowie Praktiker und Praktikerinnen im Insolvenz- und Restrukturierungsrecht.
- Einleitung
- Sanierung und Mitsprache der Gesellschaftseigentümer
- Gang der Untersuchung
- Krisenpflichten zwischen Anteilseigner- und Gläubigerinteressen
- Interessendivergenz in der Krise und Leitungsermessen
- Insolvenzantragspflicht versus freiwillige Verfahrenseinleitung
- Pflicht zur Sanierung und Einbeziehung der Anteilseigner in der Krise
- Zusammenfassung
- Eingriffsintensität für Anteilseigner: Insolvenz versus StaRUG
- Skizze der Zielrichtung und Grundkonzeption der Verfahren
- Auswirkung auf Bestand der Gesellschaft und Verbandszweck
- Verbandsverfassung und Kompetenzverteilung
- Einbeziehung der Anteilseigner im Insolvenz- und Restrukturierungsplan
- Weitere mittelbare Beeinträchtigungen der Rechte der Anteilseigner
- Zusammenfassung
- Verfahrenseingangsschutz der Anteilseigner und dessen Grenzen
- Die Schnittstelle zwischen Insolvenz- und Gesellschaftsrecht
- Verfahrenseingangsschutz in der GmbH
- Verfahrenseingangsschutz in der AG
- Kompetenzgefüge bei flankierenden Verfahrenshandlungen
- Rechtsfolgen fehlender Einbeziehung der Anteilseigner
- Überlegungen zum Verfahrenseingangsschutz de lege ferenda
- Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
- Literaturverzeichnis
- Anhang
- Interviewpartner
- Struktur der Interviews